Hi Reinhold,
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Schlagfluss, wird ein Krankheitszustand genannt, der fast immer plötzlich eintritt, mit Aufhebung des Bewußtseins, der Empfindung und Bewegung verbunden ist, während Herz- und Pulsschlag, sowie die dem lebenden Körper eigenthümliche Wärme fortdauern, das Athemholen beschleunigt und schnarchend wird, und der entweder sehr bald oder nach wiederholten Anfällen tödtet oder Lähmungen einzelner Theile des Körpers zurückläßt. Man unterscheidet und zwar mit Recht den sogenannten Blutschlagfluß oder Blutschlag, Wasserschlagfluß oder Wasserschlag und Nervenschlagfluß oder Nervenschlag. Der Blutschlag, die beiweitem häufigste Art des Schlagflusses, entsteht zunächst durch im hohen Grade vermehrten Andrang des Blutes nach dem Gehirn und tritt entweder plötzlich oder nach Vorausgang mehrer Zufälle ein, die ihn schon im voraus fürchten lassen. Personen, die in Gefahr sind, von ihm betroffen zu werden, sehen im Gesicht ungewöhnlich roth und gedunsen aus, klagen über Eingenommenheit und Schmerzhaftigkeit des Kopfes, erschwertes Denken, unruhigen, von Träumen, Auffahren und dergl. unterbrochenen Schlaf, Klopfen in den Schläfen, Flimmern und Schwarzwerden vor den Augen, Schwindel, Schwerhörigkeit, Ohrensausen u.s.w. Erfolgt nun der Anfall selbst, so gesellen sich zu ebengenannten Erscheinungen ein Ziehen im Nacken und Zucken in den Gesichtsmuskeln, Gefühl von Angst und Beklemmung in der Brust, erschwertes Sprechen, Stottern oder gänzliche Sprachlosigkeit, Umnebelung der Sinne, endlich gänzliche Bewußtlosigkeit, worauf nun der Betroffene zu Boden stürzt, zuckende Bewegungen macht oder auch regungslos liegen bleibt, unter lautem Schnarchen und Röcheln Athem holt, das Gesicht sich fast blauroth färbt, die Augen ein stieres, glotzendes Ansehen bekommen, der Mund verzerrt wird und sich mit Schaum bedeckt. Ein solcher Anfall tödtet entweder binnen wenigen Minuten oder Stunden oder geht unter allmäliger Rückkehr des Bewußtseins und Eintritt eines über den ganzen Körper verbreiteten reichlichen Schweißes wieder in Gesundheit über, meist jedoch mit Hinterlassung von Lähmung einzelner Theile des Körpers, so namentlich der Zunge, der Gliedmaßen, entweder der beiden obern oder der beiden untern, oder z.B. der rechten obern und der linken untern oder einer ganzen seitlichen Hälfte des Körpers, welche, wenn sie nicht binnen wenigen Stunden nach dem Anfalle verschwinden, meist unheilbar bleiben. Zuweilen wiederholen sich dergleichen Anfälle in den nächstfolgenden Tagen oder im glücklichern Falle nach längerer Frist, nach Monaten oder Jahren ein oder zwei Mal und dann gewöhnlich mit tödtlichem Ausgange. Im Allgemeinen ist das männliche Geschlecht dem Blutschlage beiweitem mehr ausgesetzt als das weibliche, namentlich gilt dies von Männern mittlern und höhern Alters, von kurzer, gedrungener Gestalt, großem Kopfe und dickem, kurzem Halse, zumal wenn sie eine mehr sitzende, mit geistiger Anstrengung verbundene Lebensweise führen, dabei reichlich und gut essen und trinken. Zu den Ursachen, welche am gewöhnlichsten den Blutschlag herbeiführen, gehören Vollblütigkeit im Allgemeinen, Unterdrückung naturgemäßer oder gewohnter Blutausleerungen, Beengung des Halses, der Brust und der Magengegend durch fest anliegende Kleidungsstücke, allzu reichliche Mahlzeiten und Schlafen nach denselben, Ausschweifungen in der Liebe und im Trunke, erschütternde Gemüthsbewegungen, große Geistesanstrengungen besonders zur Nachtzeit, Erkältung und Durchnässung der Füße, zu heißes und zu oft wiederholtes Baden, Gehirnentzündung, organische Fehler des Schädels, Gehirns Herzens u.s.w. Zuweilen ist die Anlage zum [84] Blutschlage in ganzen Familien heimisch. Ein schleunig anzustellender Aderlaß ist in der Regel das einzige Rettungsmittel. – Über den Wasserschlag siehe den Artikel Wassersucht. – Der sogenannte Nervenschlagfluß oder Nervenschlag, welcher zum Glück viel seltener vorkommt als der eben besprochene Blutschlag, beruht auf einer plötzlichen Lähmung und Hemmung der Nerventhätigkeit und wird hauptsächlich in Nervenkrankheiten und bei nervenschwachen Personen beobachtet. Der Anfall selbst erfolgt gewöhnlich plötzlich mit sofortigem Verschwinden des Bewußtseins, der Empfindung und willkürlichen Bewegung unter Eintritt von Zuckungen, Starrkrampf, Zittern, Verzerrung des Gesichts, Unfähigkeit zu sprechen, Starrheit des Blickes, allgemeiner Blässe und Kälte der Haut, wobei der Puls, statt voll und groß zu sein, klein und zusammengezogen erscheint. Selten wiederholt sich ein Nervenschlag, indem in der Regel schon der erste Anfall desselben schnell tödtlich endet. Wird er dies nicht, so hinterläßt er gern allerhand Krampfkrankheiten, anhaltendes Zittern und Lähmungen. Im Gegensatze zu dem Blutschlage beobachtet man den Nervenschlag häufiger bei dem weiblichen als bei dem männlichen Geschlecht. Eine besondere Geneigtheit zu demselben bedingen die sogenannte nervöse Körperconstitution, ein schwächlicher Körperbau, Ausbildung des Geistes auf Kosten des Körpers, überstandene oder noch vorhandene Nervenkrankheiten. Die nächste Veranlassung zum Eintritte eines Nervenschlages geben heftige Gemüthsbewegungen, große Erschöpfung, Schwächung durch allzu starken Blutverlust und andere Ausleerungen, Vergiftung durch narkotische Gifte. Zuweilen stellt sich ein Nervenschlag im Verlaufe bösartiger Wechsel- und Nervenfieber ein. Im Allgemeinen gestattet ein Nervenschlagfluß noch weit weniger Hoffnung zur Lebenserhaltung als ein Blutschlagfluß, indem bei ersterm von der Naturhülfe gar nichts zu erwarten ist. Auch bedarf es bei ihm belebender Mittel, während Blutentleerungen, die bei dem Blutschlagflusse das Hauptmittel sind, in der großen Mehrzahl der Fälle schaden.
Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 83-84.
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Lexikalischer Artikel
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Wassersucht (Hydrops), im allgemeinen jede krankhafte Ansammlung von wasserähnlicher Flüssigkeit an irgendwelcher Stelle des Körpers, ist niemals eine Krankheit für sich, sondern immer nur ein Symptom eines schwerern, in der Regel Herz oder Nieren oder beide Organe in Mitleidenschaft ziehenden Leidens. Befindet sich das Wasser nur unter der Haut, d. h. in den Maschen des Unterhautbindegewebes, so spricht man von H. anasarca, Hautwassersucht oder Odem; ist es frei in die natürlichen Höhlen des Körpers ergossen, so bezeichnet man die W. als Bauch- (H. ascites), Brust- (Hydrothorax), Herzbeutel- (Hydropericardium), Gehirn- (Hydrocephalus), Kniegelenk- (Hydrops genu), Hodenwassersucht (Hydrocele) etc. Als Sackwassersucht (H. saccatus, cysticus) bezeichnete man früher die Wasseransammlung in pathologisch neugebildeten Säcken und Höhlen. Die Quelle aller wassersüchtigen, d. h. hydropischen Flüssigkeiten ist das Blut. Sie bestehen aus Wasser mit geringem Gehalt an Eiweiß und Salzen. Sie sind klar, rötlich, gelblich oder grünlich, zuweilen auch trübe und flockig; dabei sind sie bald dünnflüssig, bald dicker, kleberig und schleimig. Sie reagieren gewöhnlich alkalisch, selten neutral.
1) Allgemeine W. bedingen schwere chronische Ernährungsstörungen, bei denen das Blut wasserreicher wird, als es normal sein soll. Häufig sind dabei auch Schädigungen der Blutgefäßwände vorhanden, so daß sie leichter durchlässig für das Blutplasma werden. Dahin gehören langwierige Eiterungen, Skorbut, erschöpfende Blutverluste, Lungenschwindsucht in ihren letzten Stadien u. a. Ganz gewöhnlich ist allgemeine W. vorhanden bei chronischen Nierenentzündungen, bei denen nicht nur das Blut durch Verminderung der Harnabscheidung wasserreicher wird, sondern auch die Blutgefäßwände durch krankhafte Stoffe geschädigt sind. Am häufigsten ist W. bei Blutstauungen infolge von Kreislaufstörungen, also vor allem bei Herzschwäche. Daher begleitet W. oft die letzte Lebenszeit bei vielerlei Krankheiten.
2) Örtliche W. wird durch chronische Entzündung und daraus folgende Absonderung wässeriger Flüssigkeit bedingt (soz. B. Gehirnwassersucht, Wasserbruch, Gelenkentzündung, Brustwassersucht), oder sie entsteht infolge örtlicher Kreislaufshindernisse, z. B. durch Druck einer Geschwulst, einer Flüssigkeitsansammlung auf eine stärkere Blutader, durch Erschwerung des Pfortaderkreislaufs bei Leberkrankheiten (Cirrhose), durch Verstopfung einer Blutader durch Gerinnsel (Thrombenbildung), wobei dann die W. stets die jenem verschlossenen Gefäß angehörende Gewebsprovinz allein befällt. Zuweilen kommt W. angeboren vor, wobei besonders Syphilis der Eltern den Grund abgibt, oder wo fötale Entzündungen des Mutterkuchens oder der Eihäute Erschwerung des Blutumlaufs auch ohne allgemeine Krankheiten der Mutter bedingt haben. Auf solcher embryonalen Hydropsie beruhen der Wasserkopf, der Wirbelspalt (spina bifida), Blasenspalt u. a.
Die Erscheinungen der W. beginnen bei den allgemeinen Störungen, z. B. den Herzfehlern, an den entferntesten Punkten der Peripherie, wo im normalen Zustande die Zirkulation die meisten Hindernisse zu überwinden hat, und es erfolgt daher zuerst Anschwellung der Knöchel und Füße, dann allmählich Erguß in die freie Höhle des Brustraumes, des Herzbeutels, des Bauchraumes, in die ganze Körperhaut. Die allgemeine W. ist stets ein überaus schweres Krankheitssymptom für den Gesamtorganismus; sie ist oft, da die Ursache einer Besserung nicht zugänglich ist, unheilbar und macht zuletzt das Bestehen des Organismus durch den Mangel an Zufuhr eines für die Ernährung seiner Organe tauglichen Blutes unmöglich. Die Kennzeichen der W. an der äußern Haut sind. Geschwulst von weicher, teigiger Beschaffenheit, ohne erhöhte Temperatur, schmerzlos, höchstens zuweilen ein spannendes Gefühl, blasse oder nur schwach gerötete, manchmal glänzende, manchmal auch trockene Haut, von der sich auch die Epidermis zuweilen abschelfert. Wassererguß im Bauchraum wird bei größerer Flüssigkeitsmenge erkannt durch Aufgetriebensein des Bauches; auch tritt wohl der Nabel hervor; Wassererguß im Brustraum kann nur durch genaue physikalische Untersuchung der Brust erkannt werden. Die Behandlung hat ins Auge zu fassen: die Bekämpfung des der jeweiligen Art der W. zugrunde liegenden Moments und dessen Beseitigung. Bei W. aus hydrämischer Blutbeschaffenheit kommt es vor allem darauf an, das Blut durch geeignete Ernährung und Beseitigung der Grundkrankheit zu verbessern. Von den Grundursachen der W. sind namentlich die Herzkrankheiten häufig einer Behandlung zugänglich; in diesem Falle verschwindet die W., wenn die Herzkraft sich hebt, daher dienen alle herzstärkenden Mittel zur[426] Beseitigung der W. Weniger leistungsfähig, aber oft nicht entbehrlich ist die künstliche Wasserentziehung durch Anregung der Nierentätigkeit (harntreibende Mittel), der Schweiß-, Speichel- und Darmabsonderung (Abführmittel). Lokale Wasseransammlung muß häufig durch Einstich mit einer Hohlnadel (Paracentese) abgelassen werden, besonders bei Bauch- und Brustwassersucht; freilich ist diese Hilfe fast nie von langer Dauer, weil die wassererzeugende Ursache fortdauert. Bei bedeutender Spannung der Haut in der Hautwassersucht entleert man Wasser durch Schröpfköpfe oder flache Einschnitte, wobei man sorgsam anti- und aseptische Vorsichtsmaßregeln gebrauchen muß, da sonst die vielen kleinen Hautwunden zur Entstehung von Wundrose oder ähnlichem bieten.
Auch bei Haustieren kommen aus ähnlichen Ursachen wie beim Menschen alle Formen wassersüchtiger Zustände vor. Chronische Bauchwassersucht ist namentlich bei alten Hunden häufig. Vor allem aber neigen Schafe allgemein zu Wassersucht. Es bildet sich bei ihnen leicht wässerige Durchtränkung des Fleisches und der Unterhaut (anasarca) aus, bei weißen Schafen verstärkt sich merkwürdigerweise unter dem Einfluß der Sonnenstrahlen diese Wässerigkeit der Unterhaut bis zur Ausbildung einer kropfartigen Geschwulst (Wasserkropf). Auch bei Rindern entsteht nicht selten unter dem Einfluß unpassend gemischter, zu wasserreicher und stickstoffarmer Nahrung (namentlich durch zuviel Rübenschnitzel etc.) eine chronische Hydrämie, wobei sich nach dem Schlachten allgemeine wässerige Durchtränkung der Unterhaut (Zellgewebswassersucht des Rindes) und namentlich des ganzen Fleisches findet. Solches Fleisch ist blaß und schlaff, trieft bisweilen förmlich und ist nach den Regeln der Fleischbeschau als untauglich zum Genuß, bei mäßiger W. als minderwertig zu behandeln. Bei Lebzeiten der Tiere ist eine Besserung der W., die sich durch Mattigkeit, Blässe der Schleimhäute, Verschlechterung der Verdauung und Beinschwellungen kennzeichnet, durch Änderung des Futters, namentlich durch Trockenfutter und Kraftfutterzulagen, zu erzielen.
In der Gärtnerei heißt W. ein krankhafter Zustand der Holzpflanzen bei lange anhaltender Nässe und unterdrückter Transpiration, wobei die Blätter abfallen, obgleich sie noch grün und anscheinend gesund sind, die Früchte keinen Wohlgeschmack annehmen und sogar faulen, ehe sie reif sind, auch die Triebe nicht gehörig verholzen und weich bleiben, so daß sie im Winter zugrunde gehen. Auch bezeichnet W. (Odem) eine durch übermäßiges Wachstum des Rindengewebes veranlaßte Krankheitsform, bei der beulenartige, zuletzt ausbrechende und wieder zusammenschrumpfende Wucherungen entstehen.
Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 425-426.
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