Stilblüten aus Briefen an einen Pfarrer betr. Ariernachweis

Beitrag von **Foren Mitglied**

Der seinerzeitige Kampf um den Ariernachweis

Bekanntlich mußten nach der Besetzung des Sudetenlandes durch die Deutsche Wehrmacht alle Bürger innerhalb einer gewissen Zeit im Sinne der sogenannten "Nürnberger Gesetze" einen Nachweis über ihre arische Abstammung ihrem Arbeitgeber, Behörden oder sonstigen Dienststellen vorlegen. Besonders ältere Leute taten sich schwer, sich bei derartigen Ansuchen verständlich auszudrücken.

Ein humorvoller, pfiffiger Pfarrer sammelte solche Stilblüten und schenkte sie mir vor dem Abgang des Sammeltransportes am 20. August 1945 auf dem Bahnhof Walcha bei Pilsen. Nachfolgend ein paar Sätze aus den Briefen an den Herrn Pfarrer:

Geschätzter Herr Pfarrer! Nachdem unsere 88jährige Großmutter Ihnen zu Ostern gebeichtet hat, daß meine verstorbene Mutter ein Ableger vom ehemaligen Viehhändler Samuel Adler ist, was doch ein Beichtvater niemandem sagen darf, ersuche ich Sie dringendst, mir als Feuerwehrhauptmann einen diskreten Arierausweis mit beiliegendem Brief zu übermitteln. Ich werde natürlich von dem Beichtgeheimnis keiner Menschenseele etwas erzählen ..."
Lieber Herr Hochwürden! Schauen Sie doch in Ihrem Sterberegister nach, ob mein toter Großvater darin erscheint als reiner Arier..."
"... brauche ich zur arischen Abstammung meines seligen Großvaters auch Ihre verstorbenen Eltern und bitte Sie, mir diese bald zu schicken, denn der ungeduldige ... will sie unbedingt sehen."
"Senden Sie mir rasch meine väterliche Großmutter zwecks Eheschließung mit einem Unteroffizier in beiliegendem Umschlag mit arischer Abstammung."
"Schicken Sie mir rasch meine Großmutter, denn bei der allgemeinen Umwälzung brauche ich als Forstarbeiter dringend den arischen Ausweis für meine rassische Geburt."
"Ich muß dringend wissen, woher meine Frau kommt und ersuche Sie, den Abstammungsgeburtsschein auch von ihrem ledigen Vater mitzuschicken, damit ich endlich ..."

E.Oppl. Wien. Aus Sudetenpost

Beitrag von **Foren Mitglied**

Ja, das war schon so eine Sache mit dem Ariernachweis. Übrigens hatte ich vor einigen Jahren die Gelegenheit, Kopien von Karteikarten durchzusehen, auf denen 1936 die Volkszählung der Juden in Hamburg dokumentiert wurde. War schon eigenartig, nur Juden, entweder ganz oder 1/2 oder 1/4. Außerdem erstaunt mich immer wieder, wie noch heute!!! Menschen erchrecken, wenn man sie darauf anspricht und sie sofort beteuern, sie seien auf gar keinen Fall Juden. Noch eine Sache fällt mir dazu ein. Vor 2 oder 3 Jahren las ich ein Interview mit Gregor Gysi und Andrej Hermlin. Gregor Gysi kennt wohl jeder, Andrej Hermlin ist m.W. der Sohn von Stephan Hermlin und Musiker. Beide sind in der DDR zur Schule gegangen und haben auch dort, besonders Andrej, Schikanen seitens der Mitschüler erlebt, wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe.

Schöne Woche
Angelika

Beitrag von **Foren Mitglied**

Danke für die Stilblüten!

@ Angelika:

War schon eigenartig, nur Juden, entweder ganz oder 1/2 oder 1/4. Außerdem erstaunt mich immer wieder, wie noch heute!!! Menschen erchrecken, wenn man sie darauf anspricht und sie sofort beteuern, sie seien auf gar keinen Fall Juden.

Ja, traurig. Ich bin grad in einem Fernkurs für Ahnenforscher und hab nun erfahren, dass die Ahnenpässe durchaus "beschönigt" wurden. In meiner Familie liegt auch die Saga, dass mein Großvater das uneheliche Kind eines unbekannten Juden wäre. Da mein Urgroßvater also unbekannt war, konnte mein Großvater als arisch eingestuft werden. Klar gibt es den DNA-Test, aber 400 € dafür ausgeben, nur um zu wissen, ob jüdisches Blut in meinen Adern fließt, ist dann doch nicht drin.

Also ich muss sagen, ich wäre stolz darauf.

LG, Manuela